Um einen Bot aus vier Radnabenmotoren erfolgreich aufzubauen ist es m.E. notwendig, zunächst einen belastbaren Motor-Prüfstand aufzubauen um
a) jeden der Radnabenmotoren in Betrieb nehmen und vor Einbau testen zu können,
b) die Steuerelektronik unter Teillast möglichst optimal auf den Radnabenmotor abzustimmen,
c) den Entwurf der Steuerelektronik zu verifizieren.
Den Prüfstand selbst aufzubauen ist wenig kompliziert, ein paar Aluprofile aus dem Baumarkt tun hier Genüge.
Völlig anders sieht es mit der Leistungselektronik aus! Die muß von mir von Grund auf entworfen, aufgebaut, getestet und zur Serienreife gebracht werden, da ich ein Layout erstellen möchte. Die am Markt üblicherweise verfügbaren eRoller- bzw. BLDC-Controller sind hierfür ungeeignet, da diese den Motor niemals im Servobetrieb ansteuern (also beim Abtouren definiert bremsen). Außerdem handelt es sich um reine Steuerungen, ohne die Möglichkeit einen Regelkreis aufzubauen.
Der Aufbau der Steuerelektronik wird folglich sehr zeitintensiv sein. Ein Bot mit Radnabenmotoren benötigt davon vier Stück, jede mit 60A Dauerstrom und 180A Motorstrang-Spitzenströme!
Für mein eQuad (Projekt "eQuad2009", erstes in Deutschland auf E-Traktion umgebautes und mit Lithiumzellen öffentlich betriebenes Leicht-Fz. bis 45km/h) habe ich die Steuerung selbst entwickelt und aufgebaut. Das Prinzip vom eQuad (2kW-BLDC-Motor) wäre auf dem hier gewählten Typ Radnabenmotor übertragbar und die Erfahrungen müßen folglich in den neuen Controller einfließen; deshalb möchte ich den Werdegang der eQuad-Steuerelektronik hier kurz vorstellen.
Der Aufbau erfolgte 2009 mit 6 MOSFETs vom Typ IRFP2907. Bedauerlicherweise fließen bei 120A Batteriestrom im Motorstrang beim Anfahren mit 270kg Gesamtgewicht über 250A - zuviel für nur EINEN IRFP2907...!
Deshalb erfolgte 2010 ein sog. MOSFET-Paralleling mit 12 MOSFET vom Typ IRFP3077 - war damals der MOSFET mit dem WELTWEIT GERINGSTEN RSon; das stand sogar so im Datenblatt drin.
Leider mußte ich dabei einen Kompromiss eingehen, wie auf den Fotos leicht zu erkennen ist: da die Lochraster-LP nur für einen MOSFET vorgesehen war, setzte ich den zweiten einfach auf dem KK über den ersten und verlängte die "Beinchen" mit massiven Kupferdraht. Das ist natürlich - Profis werden es erahnen - grottenmäßig unsymetrisch. Bis zu 100A Dauerstrom geht das sogar gut, die urspünglichen Verluste des 2907 wurden mehr als geviertelt. Danach driften die FETs aufgrund der Unsymetrie aber auseinander, was im Extremfall zur Überlastung der jeweiligen Halbbrücke führt und zwar umso schneller, je höher die schädlichen Leitungsinduktivitäten sind. Bei mir war es die C-Phase (Motorzuleitung), welche ca. 10cm länger als die der anderen Phasen ist (auf den Fotos liegt die C-Phase links außen). Und da die FET-Entwicklung auch bei IR weiterging (und es urplötzlich FETs mit noch geringeren RSon als den weltweit geringsten gab) habe ich etwas völlig unkonventionelles getan: ich ersetzte NUR die linken 4x IRFP3077 (Halbbrücke der C-Phase) durch 2x IRFP4368, die beiden anderen Halbbrücken (A & B) behalten weiterhin die 8x IRFP3077!
Damit läuft das eQuad bis zum heutigen Tag...
Wer auf den Fotos genau hinsieht stellt fest, das ich an den L-FETs Temperatursensoren montiert habe. Diese sitzen zwar vorn auf dem FET und nicht am KK, dennoch läßt sich dadurch der Temperaturverlauf sehr gut nachvollziehen (und während der Fahrt im LCD vom eQuad-Bordcomputer anzeigen). Obergrenze sind 99°C, welche ich mit den 2907 sogar erreicht hatte (Belastungsfahrt im Gelände).
Die eQuad-Steuerelektronik ist somit Grundlage für den hier benötigten und neu zu definierende BLDC-Controller. Und da ich weder einen potenten Sponsor noch einen studentischen Fachbereich zur Verfügung habe, muß ich alles allein erledigen! Dies ist hochgradig anspruchsvoll und kann sich sogar über Jahre hinziehen (wenn es als Hobby nebenbei läuft), wie ich mal mit den folgenden Bildern beispielhaft aufzeigen möchte.
Erste Version im Jahr 2009 mit 6x IRFP2907, Glimmerscheibe und jede Menge Wärmeleitpaste. Temp.-Sensor am 4. FET von links (L-FET der B-Phase), rechts am KK der LM317-Spannungsregler, unten links der ATMEL-µC ATmega8:

Im Jahr 2010 überarbeitet mit 12x IRFP3077 (MOSFET-Paralleling), modifiziertem KK, hochtechnische Wärmeleitfolie und externe Strombegrenzung und Unterspannungserkennung (ext. Elektronik auf nächsten Foto sichtbar):

Im Jahr 2013 überarbeitet mit 2x IRFP4368, 3 temp.-geregelten Lüftern in der Gehäuserückwand, weiteren Temp.-Sensor am 2.FET von links (L-FET C-Phase). Im Vordergrund die ext. Elektronik (Überstrom, Unterspannung) und links oben die 3 beschädigten IRFP3077, denen der "Hut" hochgegangen ist (erkennbar an den weggeplatzten Source-Beinchen). Der Source-Anschluß vom MOSFET stellt lt. IR-AN den heißesten Punkt außerhalb vom Case dar, und keineswegs die rückwärtige Kühlfläche. Daher immer schön viel Kupfer am Source aufbringen:
